Galerie 2010 - Roger Ballen

ROGER BALLEN - BOARDING HOUSE
Fotografien

"Wo andere das Elend vermuten, entdeckt er das Schöne"

Ausstellung von Donnerstag, 4. März bis Samstag, 3. April 2010
Dienstag - Freitag 17 - 19 Uhr, Samstag 10 - 12 Uhr
Samstag, 11 Uhr: Aperitif und Führung

Kuratoren: Trish Fisher, Gebhard Schatz

In der ubuntu-Reihe "Kunst und Kindheit" zeigt die Städtische Galerie Theodor von Hörmann in Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf die Ausstellung "Boarding House".


Der in Johannesburg lebende Künstler Roger Ballen thematisiert in seinen inszenierten Fotografien das Leben im Grenzbereich von Schwarz und Weiß.

> Link Roger Ballen

concealed, Fotografie courtesy Roger Ballen Roger Ballens fotografische Karriere wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt. Seine Mutter war in den 1960er-Jahren die erste Fotogaleristin in den USA und arbeitete für die Agentur Magnum. So kam der in New York geborene Ballen schon früh in Kontakt mit Meisterwerken der berühmten Fotografen jener Zeit.
Der promovierte Geologe und Psychologe lebt und abreitet nun mehr als 30 Jahre in Südafrika. Er ist mehrfacher Träger des UNICEF - Fotowettbewerbes und wird in den wichtigsten Galerien (Gagosian) und Museen (zum Beispiel MOMA) rund um die Welt ausgestellt.

Seine aktuellen Bilder handeln vom großen Kontinent Afrika und dessen permanenten Prozessen der Integration und Desintegration. Seine inszenierten Fotografien zeigen das Leben in Schwarz und Weiß, zeigen die Menschen im Lichte des heißen Klimas Afrikas.

BOARDING HOUSE - Ein Zufluchtsort, wo jeder willkommen ist - aber doch auf sich selbst gestellt bleibt. Inszenierte Fotografien mit Elementen aus Graffiti, Installation und Aktion.

Roger Ballens fotografische Arbeit fokussierte 5 Jahre lang einen faszinierenden Platz nahe Johannesburg, den er Boarding House nennt. Eine Zufluchtsstätte voll mit Menschen, Kindern und Haustieren.
Dort sind kuriose Objekte und mysteriöse Zeichnungen, Gerüche und Geräusche überall.

portrait of sleeping girl, Fotografie courtesy Roger BallenKindliche Zeichnungen, meist schlichte Mondgesichter, ziehen sich wie ein roter faden durch das ganze "Boarding House". Am eindrucksvollsten wirken sie auf einem gleichnamigen Großformat, das ein Zimmer in der Halbtotale zeigt. Auf Wand, Kommode und Holzbrettern prangend, grinsen die Fratzen um die Wette mit kaputtem Spielzeug. Erst auf den zweiten Blick sieht man im unteren Winkel einen kleinen Jungen, dessen Oberkörper sich scharf von dem porösen Hintergrund abzeichnet. Halb verborgen liegt er unter einem Bretterverschlag, der beides sein könnte - Gefängnis oder Schutzraum.

"Mir geht es eindeutig um die conditio humana und um eine ganz spezifische Wahrnehmung meiner Umgebung." (Roger Ballen)

Diese Bilder der Imagination nehmen Gestalt an durch bewusste Veränderung der Umgebung. Impulse werden lebendig durch die Reflexion der beteiligten Menschen. So entstehen Widersprüche, die den Betrachter motivieren, Fiktion und Realität zu entdecken. Beteiligte inszenieren sich selbst und so entstehen Gedankenlandschaften im Einflussbereich eigener Erfahrungen.

Roger Ballens Fotografien verweigern eine Antwort. Sie verraten nicht, ob das "Boarding House"  erfunden ist oder wirklich existiert. Viel mehr dient es dem Betrachter als Projektionsfläche: "Es ist schwierig, diesen Ort zu erklären, außer vielleicht so, dass ich glaube, er existiert auf irgendeine Weise in den Köpfen der meisten Menschen.", sagt der Künstler.

fragments, Fotografie courtesy Roger BallenDie Bilder sind bewusst in Szene gesetzt. Sie vereinen zwei scheinbar gegensätzliche Aspekte - die fotografische und in gewisser Weise die filmische Dimension reiner Ausdruckskraft. In der Präzision seines Ausdrucks sind diese Arbeiten ein Markstein der neueren Fotografiegeschichte. Zugleich sind die Bilder spontane Momentaufnahmen. Sie wahren die äußerliche Form der Reporterfotografie und finden einen sehr persönlichen Modus zu einem Zeitpunkt, wo die Fotografie durch den Umbruch vom analogen zum digitalen Zeitalter in ihren Grundfesten erschüttert wird.
In ikonografischer Hinsicht eröffnet Roger Ballen ein neues Kapitel, ein programmatisches Gegenstück zum raschen Bildermachen des digitalen Zeitalters. (Robert Fleck)

In dem 50-minütigen Video "Selfportrait" von Saskia Vredeveld erklärt Ballen, was ihn immer wieder in diese Welt zieht: "Leben bedeutet, das Chaos zu kontrollieren. Wir alle verbergen unsere Angst vor dem Kontrollverlust hinter einer Maske. Was die Menschen hier von der normalen Gesellschaft unterscheidet ist, dass sie keine Maske mehr tragen", sagt der Künstler.