Die Ausstellung „Kunst . Textil . Handwerk. Ursulinenkrippe – 100 Jahre Webschule" wurde am 29. November im Museum im Ballhaus eröffnet. Dort werden bis einschließlich 1. Februar 2025 zwei Besonderheiten ausgestellt: die Imster Webschule ist der einzige Ort in Österreich, wo man eine umfassende Ausbildung im Handweben erhält, und die Ursulinenkrippe ist ein besonderer barocker Schatz. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Stadt Imst und dem Bildungszentrum LLA Imst.
Im Museum im Ballhaus läuft noch bis 1. Februar 2025 die Ausstellung „Kunst . Textil . Handwerk. Ursulinenkrippe – 100 Jahre Webschule“. Die Imster Ursulinenkrippe ist eine außergewöhnlich gut erhaltene gekleidete Krippe, die um 1790 im Innsbrucker Ursulinenkloster angefertigt worden ist. Ordensfrauen nähten die Kleider aus wertvollen Geweben, Stoffresten von Priestergewändern und Opernkostümen. Vor 100 Jahren wurde die Webschule in Imst eingerichtet. Diese verfolgte das Ziel, eine Nebenerwerbsquelle für die bäuerliche Bevölkerung zu schaffen sowie eigene Erzeugnisse wie Wolle und Flachs zu verarbeiten. Die Webschule hat sich hat sich seither oft gewandelt und heute ist sie die einzige Einrichtung in dieser Form in Österreich.
Bei der Ausstellungseröffnung am 29. November konnte Kulturreferentin Barbara Hauser bei einem vollen Haus zahlreiche Besucher:innen aus nah und fern begrüßen, darunter auch GR Friedl Fillafer. Für die passende musikalische Umrahmung sorgte ein Querflötenensemble der Landesmusikschule Imst - Kathrin Schwarz mit ihrer Schülerin Katharina.
Es folgte seitens der Kulturreferentin eine Einleitung zu den Ausstellungsthemen: "Wir haben zwei Besonderheiten ausgestellt: die Imster Webschule ist der einzige Ort in Österreich, wo man eine umfassende Ausbildung im Handweben erhält, und die Ursulinenkrippe ist ein besonderer barocker Schatz. Die Krippe ist außerordentlich figurenreich – 239 Figuren, dabei ist nicht einmal die gesamte Krippe erhalten. Krippen wurden einst nur in Kirchen aufgestellt und die Szenen, entsprechend den Evangelien, umgestellt. Die wenigsten Menschen konnten ja lesen oder schreiben. Die ältesten Krippen, die es in Tirol gab, waren gekleidete Krippen, also in Klöstern gefertigte Puppen, die Gewänder trugen. Auch diese wurden von Klosterfrauen genäht, aus Resten von Priestergewändern und Opernkostümen. Dabei handelt es sich um wertvolle, feine, besondere Gewebe, die teils aus Italien oder Frankreich stammten. Zusätzlich wurden sie mit Pailletten und Perlen bestickt, Stickereien bildeten fantasievolle ornamentale Muster. Spitzen und Borten ergänzen den besonderen Zierdenreichtum der Krippe. Die barocke gekleidete Krippe ist natürlich eine Besonderheit, eine Klosterarbeit, Kunsthandwerk, das in Klöstern entstanden ist.
Textiles Handwerk ist uralt und hat die Kultur der Menschen seit jeher bestimmt. Auch Imst besitzt eine lange Tradition als Textilstadt. Im bäuerlich geprägten Tiroler Oberinntal war die Produktion von Leinen und Wolle weit verbreitet, wofür der Anbau von Flachs und die Haltung von Schafen die Grundlage bildeten. Am Marktplatz gab es ein Tuchhaus, die Stoffballen wurden im Ballhaus gelagert. Seinen Ruf als 'Textilstadt' verdankt Imst jedoch der Gründung der 'Streleschen Handelskompagnie', die Mitte des 18. Jahrhunderts von Maria Theresia ein Privileg für eine Leinwand- und Baumwollfabrik erhalten hatte. Imst gehörte somit zu den ersten Standorten der Tiroler Textilindustrie. Die Produktion erfolgte von Männern und Frauen zum Großteil in Heimarbeit, auch eigene Weberstuben wurden eingerichtet. Die Halbfertigprodukte wurden in den Manufakturen in Imst weiterverarbeitet. Um 1800 arbeiteten bis zu 9.000 Menschen für die Strele, sie stammten aus dem Vinschgau, dem Engadin, dem Lechtal, dem Oberinntal, sogar aus Innsbruck und Schwaz. Anfang des 19. Jahrhunderts änderte sich die wirtschaftliche Situation auf dramatische Art und Weise, 1821 ging der Betrieb in Konkurs. Zudem legte 1822 der große Brand Imst in Schutt und Asche. Trotzdem führten einige Betriebe auch danach die Tradition fort, auch wenn sich die Voraussetzungen im 20. Jahrhundert weiter verändert haben und nur spezialisierte Betriebe der europaweiten Krise in der Textilindustrie trotzen konnten."
Die anschließenden Grußworte sprach Thomas Moritz, Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Imst. "Es ist mir eine Große Freude, dass diese Kooperation. zwischen der Stadtgemeinde Imst und dem Bildungszentrum LLA Imst. Natürlich sind wir stolz, die einzige Webschule in ganz Österreich zu haben. Visionär war man damals nicht nur bei der Gründung der Schule, sondern auch für Möglichkeiten des Zuerwerbs neben der Landwirtschaft - wie der Handweberei und der Imkerei."
Webmeisterin Annegret Schwegler ließ dann in einem über halbstündigen Vortrag mit einem umfassenden Einblick die Geschichte des Handwerks und der Webschule lebendig werden. "Das Weberhandwerk ist eine der ältesten Kulturtechniken. Die einfachere Weberei fand immer im häuslichen Bereich statt. Dazu brauchte es auch immer die Spinnerei. Ein Weber benötigt sieben Spinner."
Die Einrichtung einer Landwirtschaftsschule in Imst trug zur besseren Bewirtschaftung des Landes und damit zur Einkommensverbesserung der Bauernschaft bei, der Abwanderung aus den Tälern wurde entgegenwirkt. Für die Wintermonate wollte die Landesregierung der bäuerlichen Bevölkerung Nebenerwerbsquellen erschließen. Ein Weg war die Gründung einer Webereischule. Die Idee war ein Rückgriff auf schon dagewesene Strukturen: Die Hausweberei hatte sich im Alpenraum sehr lange gehalten, das Verarbeiten von eigener Wolle und Flachs war noch bekannt und sollte die heimische Wirtschaft unterstützen. Neu waren die auf einer Messe in Innsbruck entdeckten leichten Handwebstühle aus Norwegen, die das Weben auch „schwächlichen Personen“ - gemeint waren Frauen- ermöglichte. Zur Gründung der Webschule wurden 15 dieser Webstühle angeschafft und nebst der Weblehrerin Tilly Knauer aus Bielefeld importiert.
Der erste Webkurs begann am 15. Februar 1924. 17 Frauen, darunter die Frau des Direktors, nahmen am Kurs teil. Der Fokus lag auf der praktischen Weberei, von der Theorie wurde nur das Nötigste unterrichtet. Ziel war, dass die Schülerinnen fehlerlose Verkaufsware herstellten. Neben dem Weben wurde auch das Spinnen unterrichtet. Der Kurs dauerte 3 Monate, aufbauend wurde ein Kurs für Fortgeschrittene angeboten.
Den Absolventinnen und Absolventen wurden die Aufträge für die Heimarbeit, die Webstühle und alles Zubehör geliefert. Für viele Frauen war dies eine Möglichkeit, selbstständig zum Familieneinkommen beizutragen. Die Nachfrage nach handgewebten Produkten war sehr groß und konnte kaum bewältigt werden. Die Vermarktung über die Schule war ein Schlüssel zum Erfolg. Galt das Weben vormals als Männerarbeit, wurde die Webschule von ihnen zögerlich angenommen. Erst mit Eintritt des Textilingenieurs Fritz Krüse in die Webschule änderte sich das. Der neue Fachlehrer drängte auf Professionalisierung, was er durch die Erweiterung des Theorieunterrichtes, den Ausbau der Einrichtung und die Ausbildung neuer Lehrkräfte erreichte.
Ehemalige Schüler der Webschule gründeten 1934 die Genossenschaft „Tiroler Hausindustrie“, das spätere „Tiroler Heimatwerk“. Über 25 Jahre beherbergte die Landwirtschaftsschule Imst die Weberei, die Auftragsvergabe und den Vertrieb des Heimatwerkes. Berufsweber arbeiteten an professionell ausgestatteten Webstühlen, die breite Stoffbahnen mit komplexen Mustern ermöglichten.
Die neuen Lehrkräfte de Webschule, Marianne Unterweger (von allen Tante MU genannt) und Berta Riccabona, übernahmen den Unterricht von Tilly Knauer und Fritz Krüse. Der Lehrstoff wurde um Material- und Farbenlehre erweitert. Das Einzugsgebiet für die Webschule reichte über Tirol hinaus, Schülerinnen und Schüler waren im Internat untergebracht.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs konnte ein Jahr lang nicht unterrichtet werden. Wie durch ein Wunder blieb die gesamte Einrichtung der Webschule erhalten. Nach dem Krieg wurden Kurse für Kriegsversehrte angeboten. Mit dem Aufschwung des Tourismus verlor das Handweben als Erwerbsquelle an Bedeutung, die Schülerzahlen gingen zurück. Aus dem Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs der Webschule wurde ein sechsmonatiger Winterkurs. Die Berufsschule für gewerbliche Weberinnen und Weber wurde nach Imst verlegt. Ihr Unterricht fand im Frühjahr und Herbst statt. Unter diesen Schülern und Schülerinnen waren viele, die zuhause den Familienbetrieb weiterführen wollten. Um den Erhalt der Schule bemüht, warb man in Klöstern für Webkurse. Die Klosterfrauen webten Priestergewänder, Altarbehänge und andere kirchliche Textilien. 1960 übersiedelte das Tiroler Heimatwerk nach Hall. Der große Websaal wurde umgerüstet, die Webschule neu strukturiert.
In den 1960er Jahren wurden Webereikurse und Berufsschule eingestellt. Stattdessen fanden unter dem Motto „Wir weben für unser Heim“ dreiwöchige Kurse statt. Die Kursteilnehmerinnen wohnten im Internat und konnten unter Anleitung auf den eingerichteten Webstühlen arbeiten. Das Angebot wurde besonders von ehemaligen Haushaltungsschülerinnen genutzt, um Teile der Aussteuer anzufertigen.
Ab dieser Zeit stand die Einrichtung der Webschule dem allgemeinen Gebrauch der Bevölkerung offen. Man konnte stunden- und tageweise zum Weben kommen und wurde von den Lehrkräften betreut.
Heute wird im „Modularen Lehrgang Handweben“, einem umfangreichen Kursangebot, das Handwerk gelehrt und weitergegeben. Die Absolventinnen und Absolventen der Kurse führen das Weben als Kunsthandwerk aus, geben es in eigenen Kursen weiter oder betreiben es als Freizeitgestaltung. In der Webschule findet weiterhin der Unterricht für die Schülerinnen und Schüler der Fachschule für Betriebs- und Haushaltsmanagement statt. Auch das Weben für den Eigenbedarf wird nach wie vor angeboten.
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